Schweinfurt (POW) Ein Gottesdienst mit Bischof Dr. Franz Jung und die Verleihung der diesjährigen Vinzenzpreise sind die zentralen Elemente des Vinzenztags der Diözese Würzburg am Sonntag, 25. September gewesen. „Unser gemeinsames Tun hat an Jesus Christus Maß zu nehmen. Nur so können wir beginnen, mitzuarbeiten an der Neuschöpfung der Welt“, betonte Bischof Dr. Franz Jung. Gut 250 Gäste aus Caritas und Kirche, Gesellschaft und Politik nahmen an der Veranstaltung im neuen Sankt Anton, dem Zentrum für Caritas und Pastoral in Schweinfurt, teil.
In seiner Predigt nahm Bischof Jung Bezug auf die Jahreskampagne der Caritas: „Das machen wir gemeinsam“. Während der Reiche zu Lebzeiten und selbst noch im Tod nur um sich kreise, gehe es darum, Not gemeinsam zu sehen und zu lindern. „Die Hölle ist kein Bild für das Jenseits, sondern die Trennung vom Anderen, vom Nächsten in dieser Welt.“ Der Bischof erläuterte, dass die Bezeichnung „Lazarett“ ihren Ursprung beim biblischen Lazarus habe und im caritativen Tun eine Antwort gebe auf die unterlassene Hilfe, die Lazarus erfahren musste. „Wir brauchen in unserer Welt Feldlazarette“, sagte der Bischof. Das sei mit Blick auf den furchtbaren Krieg in der Ukraine augenscheinlich. „Es gibt noch viele andere Frontlinien, an denen der Kampf gegen die Armut ausgetragen wird.“
Wo haupt- und ehrenamtlich Engagierte sich der Geflüchteten annähmen, wo in Bahnhofsmissionen und an anderen Brennpunkten Hilfe geleistet werde, da seien diese Lazarette zu finden. „Und manchmal nimmt sich das Feldlazarett der Caritas schon der Kleinsten an, wenn wir zum Beispiel an unsere vielen Kindertageseinrichtungen denken“, führte der Bischof aus. Das gemeinsame Tun könne nur gelingen, wenn Kirche und Caritas Hand in Hand und gut vernetzt für die Menschen unterwegs seien. Das neue Sankt Anton sei ein herausragendes Beispiel dafür. „Ich setze auf eine caritative Pastoral und eine pastorale Caritas“, sagte Bischof Jung. Er wünsche sich, „dass wir im gemeinsamen Tun nicht erlahmen. Denn die Armen liegen bis zum heutigen Tag vor unserer Haustür. Wohl denen, die Not sehen und handeln!“
Ein Anspiel zum Beginn, biblische Lesungen, ein meditativer Text und Fürbitten wurden von haupt- und ehrenamtlichen der Caritas übernommen. Musikalisch gestalten den Festgottesdienst Regionalkantor Martin Seiwert, Sänger Destiny Omakajuola Olusegun („Rock the Nations“) und Pianist Felix Schneider-Restschikow. Zum Abschluss erklang die von Diakon Joachim Werb komponierte Hymne für das Projekt „casa Vielfalt“ im neuen Sankt Anton.
„Es ist uns eine Ehre, dass der diesjährige Vinzenztag hier in Sankt Anton begangen wird“, betonte Frank Kupfer-Maude, Geschäftsführer des Caritasverbands Schweinfurt. An diesem Ort würden Begleitung, Beratung und Seelsorge für die Menschen angeboten. Teilhabe und Inklusion seien die großen Themen. „Hier wird christliches Leben erfahrbar gestaltet.“ Das Haus bietet unter anderem einen Kindergarten, Beratungsstellen, Frühfördereinrichtungen, den Hospizdienst der Malteser und das Integrationsprojekt „Café Charisma“.
Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé, selbst Gemeindemitglied von Sankt Anton, würdigte das Tun von Kirche und Caritas für die Stadt und Region Schweinfurt. Er dankte „für den großartigen Dienst so vieler in den sozialen Einrichtungen, in Kitas, Schulen, Pflegeheimen und Rettungsdiensten unserer Stadt und Region. Sie sind als Menschen da und hören zu – und das ist so wichtig für die, die in Not sind.“ Zugleich erinnerte der Oberbürgermeister an das große Leid in der Ukraine, die er vor wenigen Tagen besucht habe. „Wir stehen bei uns vor großen Herausforderungen, aber wir sollten immer wissen, wie gut es uns dennoch geht.“
Die auf dem großen Kirchplatz geplante Vergabe des Vinzenzpreises musste witterungsbedingt in die Kirche verlegt werden. „Als Caritas ist es unsere Aufgabe, Brücken zu bauen zwischen den Generationen und allen Schichten“, sagte Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Würzburg. Das zeigten die von der Jury ausgewählten Projekte. „Die Entscheidung war nicht leicht. Es gibt keinen ersten, zweiten und dritten Preis.“ Alle Preisträger – die Bahnhofsmission Schweinfurt, „Die Kümmerer – damit Ankommen gelingt“ aus Rhön-Grabfeld und der Vorstand der Kita Sankt Barbara Würzburg – erhielten jeweils 2000 Euro.“
Hedwig Gappa-Langer aus München, im Caritas-Fachverband „In Via“ für die Bahnhofsmissionen im Freistaat Bayern zuständig, würdigte die Vergabe des Vinzenzpreises an die Bahnhofsmission Schweinfurt. „Seit gut 100 Jahren arbeitet die Bahnhofsmission ökumenisch und erkennt immer wieder die Zeichen der Zeit.“ Nur im guten Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamtlichen sei das Engagement für die Menschen möglich. „Menschen finden in der Bahnhofsmission immer ein offenes Ohr und erste Hilfe. Sie ist und bleibt ein wichtiges niederschwelliges Angebot.“
Mit dem Überfall auf die Ukraine sei in der Region Rhön-Grabfeld ein hilfreiches Netzwerk für Geflüchtete entstanden, in dem sich vor allem Ehrenamtliche mit vielen Ideen und Herzblut bis heute einbrächten, sagte Laudatorin Eva Böhm, stellvertretende Landrätin des Landkreises Rhön-Grabfeld. „Die Caritas in Rhön-Grabfeld hat sich wieder als gutes Scharnier der vielen Akteure erwiesen.“ Caritas, Kirchengemeinden, Kommunen und der Landkreis hätten gemeinsam viel Gutes für die Frauen und ihre Kinder bewirken können, die aus der Ukraine flüchten mussten. Von der Aufnahme, über die Erstausstattung mit Kleidung und Lebensmitteln, bis hin zur Begleitung zu Ämtern und Behörden – alles das wäre ohne Ehrenamtliche nicht dankbar gewesen. „Ihr seid ganz einfach toll“, lobte Böhm die Caritas und das große solidarische Netzwerk der Hilfen. Caritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs dankte für die Auszeichnung. Sie gelte in erster Linie den über 100 Ehrenamtlichen aus allen Bereichen der Gesellschaft. „Mir wird diese besondere Zeit immer in Erinnerung bleiben, in der wir alle über unsere Grenzen hinaus angepackt haben“, sagte Ochs.
Ein Preis ging nach Würzburg an den ehrenamtlichen Vorstand der Kita Sankt Barbara. In seiner Laudatio würdigte Fachreferent Michael Deckert vom Diözesan-Caritasverband insbesondere das lange und segensreiche Wirken von Sigmar Stumpf. Er sehe im Modell der ehrenamtlich verantwortete Kita nicht nur eine geschichtliche Besonderheit für Unterfranken, sondern eine Idee, die durchaus Zukunft habe. „Wir halten daran fest, dass die Kita-Arbeit dort verantwortet wird, wo sie erbracht wird“, sagte Deckert. Stumpf habe in seiner Zeit immer erkannt, was dran sei und die Einrichtung kontinuierlich im Sozialraum entwickelt. Damit stehe er stellvertretend für viele ehrenamtliche Vorstände in Trägervereinen und zeichne sich doch durch ein besonderes Engagement aus. „Inzwischen hat sein Sohn die wichtige Aufgabe übernommen, sodass das Amt in der Familie vererbt wird“, scherzte Deckert und wünschte Stumpf weiterhin alles Gute, der das 80. Lebensjahr längst hinter sich gelassen hat.
Beim Festakt sorgte erneut die Band „Rock the Nations“ für den musikalischen Rahmen. 2021 war sie als vorbildliches Integrationsprojekt mit einem Vinzenzpreis bedacht worden.