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Römische Amphore als „Fremdgänger“

Fast 1900 Jahre alte römische Amphore bis 6. November im Museum am Dom zu sehen – Tauschaktion „Kunst geht fremd… und über Grenzen“ mit 20 Museen in ganz Unterfranken

Würzburg (POW) Im Rahmen der Tauschaktion „Kunst geht fremd… und über Grenzen“ ist ab Dienstag, 19. Juli, eine römische Amphore aus den Museen der Stadt Miltenberg im Museum am Dom (MAD) in Würzburg zu sehen. Das etwa 1750 bis 1850 Jahre alte Objekt wird in der Abteilung „Mutter“ inmitten der Muttergottesdarstellungen ausgestellt. Dahinter stecken zwei Gedanken, wie Museumskurator Michael Koller erläutert. Zum einen werde Maria in der Lauretanischen Litanei als „vas spirituale“, als „geistliches Gefäß“, angerufen. Zudem spiele das Olivenöl eine Rolle in der Liturgie. Das MAD schickt seinerseits das Werk „Erinnerung an Sergej Paradschanow“ von Michael Poladjan an die Kreisgalerie in Mellrichstadt. Seit 2011 werden ausgewählte Kunstwerke als „Fremdgänger“ auf Reisen geschickt, damit sie im ungewohnten Umfeld anderer Häuser überraschende Kontexte erschließen und den Gesichtskreis der Besucher erweitern. Mittlerweile beteiligen sich 20 Museen in Unterfranken an der Aktion.

Die Amphore mit einem Umfang von 54 Zentimetern stammt aus der Zeit von 160 bis 260 nach Christus und wurde verscherbt im römischen Kastell Miltenberg-Altstadt gefunden. Um 160 hatten die Römer die Grenzen ihres Reichs nach Osten in das Gebiet des heutigen Miltenbergs verschoben, das Gebiet lag damit für rund 100 Jahre direkt an der Grenze. Die Soldaten und Zivilisten brachten damals alle zivilisatorischen Errungenschaften des römischen Reiches mit, darunter auch Olivenöl. Hergestellt wurde die Amphore in Südspanien, sie zeugt somit von den ausgedehnten Handelsbeziehungen der Römer.

Das Museum am Dom verleiht das 2004 entstandene Werk „Erinnerung an Sergej Paradschanow“ von Michael Poladjan (*1938 in Moskau). „Das MAD versteht die im diesjährigen Thema der Aktion anklingenden Grenzüberschreitungen nicht territorial, sondern fokussiert auf Eingrenzungen im Sinne von politischen, gesellschaftlichen und weltanschaulichen Engführungen.“ Poladjan studierte an der Moskauer Kunstakademie und absolvierte im Anschluss eine Ausbildung zum Bühnenbildner. Nachdem er mit einem Arbeitsverbot belegt worden war, emigrierte er 1977 nach Deutschland. Mit seinem Werk habe er dem befreundeten ukrainisch-georgischen Filmregisseur Sergej Paradschanow ein Denkmal gesetzt, schreibt das MAD. Dieser habe wegen seiner Filmkunst viele Jahre in sowjetischen Straflagern verbracht. Poladjan inszeniere ihn wie ein Ikonenbildnis. Die menschliche Hilf- und Aussichtslosigkeit wird durch den mit Stacheldraht umwickelten Rahmen verdeutlicht. Doch habe Paradschanow auch von einer Unterstützerin Säcke mit Materialien wie Wolle, Stoffresten oder Glasperlen zugeschickt bekommen, um daraus kleine Inszenierungen zu schaffen. In dem Werk sind deshalb beispielsweise auch Reste von Sackleinen verarbeitet, auf denen die Lageranschriften zu lesen sind, oder Siegelstempel. „So wird diese Assemblage zu einem tiefsinnigen und anrührenden Zeitdokument, das alle politischen Systeme an den Pranger stellt, die Andersdenkende durch Willkür und Gewalt unterdrücken und dabei unmenschliche Grenzen ziehen“, schreibt Koller: „Ich glaube, wir haben ein sehr schönes Objekt zum Tausch gegeben.“

Die Tauschaktion „Kunst geht fremd…“ findet bereits zum zwölften Mal statt. In diesem Jahr wolle sie darauf aufmerksam machen, „was es bedeuten kann, über Grenzen zu gehen“, schreiben die Veranstalter. „Sei es unter künstlerischen Aspekten oder in Bezug auf historische Exponate. Sei es an der Grenze zwischen Kitsch und Kunst oder im Zusammenhang mit kriegerischen und gewalttätigen Auseinandersetzungen“, heißt es auf der Homepage. Mehr Informationen sowie eine Broschüre mit allen „Fremdgängern“ gibt es im Internet.

Noch mehr Kunst aus dem Bistum Würzburg

Das Stiftsmuseum in Aschaffenburg zeigt im Rahmen von „Kunst geht fremd“ eine sogenannte Beckenschlägerschüssel aus den Kunstsammlungen der Diözese Würzburg, die sonst im Museum Johanniskapelle in Gerolzhofen ausgestellt ist. Sie entstand um 1500 in Nürnberg, besteht aus Messing und zeigt „Die Verkündigung des Engels Gabriel an Maria“. „Biblische Szenen gehörten zu den gebräuchlichen Bildmotiven der weit verbreiteten Nürnberger Beckenschlägerschüsseln“, heißt es im Begleittext. Als Handwaschbecken waren sie repräsentative Haushaltsgegenstände, in Kirchen wurden sie als Taufschüsseln oder Kollektenteller verwendet.

Im Museum Johanniskapelle in Gerolzhofen wiederum ist die moderne Skulptur „Mauer I“ von Joachim Berthold aus dem Museum im Kulturspeicher in Würzburg zu sehen. Das Werk aus dem Jahr 1968 zeigt sechs Figuren, die eine schrundige Bronzewand durchwandern. Berthold habe die Plastik als sein „Schlüsselwerk“ bezeichnet, in dem er das Verhältnis von Figur und Form, den Übergang von Relief zu Freiplastik behandelt habe. „Zugleich hat er ein Sinnbild geschaffen: für Grenzen, die Menschen voneinander trennen und die es zu überwinden gilt.“

hrung bei der „KunstKantine“: „von Grenzverschiebungen und Gedankensprüngen“

Unter dem Titel „von Grenzverschiebungen und Gedankensprüngen“ steht eine Führung im Rahmen der „KunstKantine“ am Dienstag, 11. Oktober, um 12.30 Uhr. Museumskurator Michael Koller erläutert, warum eine antike spanische Öl-Amphore, die in Miltenberg aufgefunden wurde, von Grenzverschiebungen erzählt, und warum sie ausgerechnet zwischen den Mariendarstellungen im MAD ihren vorübergehenden Ausstellungsplatz gefunden hat. Die Teilnahme an der rund halbstündigen Führung kostet pro Person einen Euro. Anmeldung unter Telefon 0931/38665600, per E-Mail an museen@bistum-wuerzburg.de oder an der Museumskasse.