Würzburg (POW) Bischof Dr. Franz Jung hat am Montagabend, 3. April, die Heiligen Öle für alle 43 Pastoralen Räume im Bistum Würzburg im Würzburger Kiliansdom geweiht: das Katechumenenöl für die Salbung der Taufbewerber, das Chrisamöl für Taufe, Firmung, Priester- und Bischofsweihe sowie für die Weihe von Kirchen und Altären, das Krankenöl für die Krankensalbung. Die Priester und Diakone erneuerten im Gottesdienst ihr Weiheversprechen. Die Chrisammesse wird nur einmal im Jahr gefeiert. An der Seite von Bischof Jung zelebrierten Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann, Weihbischof Ulrich Boom, Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran, das Domkapitel sowie die Dekane. Zuvor gestaltete Jesuitenpater Hermann Kügler aus München am Nachmittag im Kiliansdom einen „Tag der Besinnung" für Priester, Diakone, Alumni und Diakonatsbewerber zum Thema „Scheitern: Wie Jesus gescheitert ist – ein Modell für eigene Ohnmachtserfahrung“.
In seiner Predigt blickte Bischof Jung auf die Bedeutung der Heiligen Öle und das Geheimnis des Geistes. „Ohne das Wirken des Heiligen Geistes bleibt alles leer, oberflächlich und wirkungslos“, betonte er. Das unterstreiche auch der Apostel Paulus im Hohenlied der Liebe. Jede Verkündigung des Glaubens müsse mit dem Öl des Heiligen Geistes gesalbt sein. „Dann genügt auch ein einfaches Wort, das von Herzen kommt. Es ist mehr wert als alle frommen Worthülsen und theologischen Formeln“, sagte der Bischof. Zugleich warne Paulus vor Mehr- und Besserwisserei. Diese führe zu liebloser Rechthaberei. Auch sei dem Apostel ein auftrumpfender und triumphalistischer Glaube fremd. „Denn er weiß, dass damit eine Stärke vorgespiegelt wird, die von der zuvorkommenden Gnade des Herrn nichts wissen will.“ Paulus spreche davon, dass er stark sei, wenn er schwach sei. „Das Eingeständnis eigener Schwäche ist das eigentlich Umwälzende des Glaubens. Hier erfährt der Apostel die Salbung mit dem Geist.“
„Priesterleben, Opferleben“, sei ein geflügeltes Wort. „Wenn die Bereitschaft, sich mit dem Herrn ganz zu verbinden, nicht aus dem Geist kommt, nicht mit dem Öl der Freude gesalbt ist, dann nützt sie nichts“, erklärte Bischof Jung. Dann werde diese Lebensweise zu einem beschwerlichen Gesetz, dem man sich unterwerfe, ohne mit dem Herzen dabei zu sein. „Verausgaben führt auf Dauer aber in den Burnout und wird lieblos – gegen sich selbst, gegen den Nächsten und gegen den Herrn.“ Statt sich zu verausgaben, sollten die Priester füreinander zur Gabe werden. „Gott liebt einen freudigen Geber und keinen, der ihm verkrampft und verbittert dient.“ Das gehe aber nur, wenn das Dienen gesalbt sei mit dem Heiligen Geist.
Paulus beschließe seine große Meditation über die Liebe mit dem Hinweis auf die theologischen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung. Sie stünden für die drei Öle, die in der Missa chrismatis geweiht werden. Chrisam stehe für den Glauben. „Denn die Salbung mit dem heiligen Chrisam hilft uns, Christus als unseren Herrn und Erlöser immer tiefer und besser zu erkennen und so im Glauben zu wachsen“, erklärte der Bischof. Symbol der Hoffnung sei das Katechumenenöl. Die Salbung mit diesem „fördert den Weg des Christwerdens und erinnert uns daran, noch nicht fertig zu sein, sondern immer noch wachsen zu müssen, aber auch wachsen zu dürfen in der Nachfolge“. Die Liebe komme im Krankenöl zum Ausdruck. „Die Salbung mit dem Krankenöl erinnert uns in den Krisensituationen unseres Lebens immer wieder daran, dass es eine Liebe gibt, die den Tod überwindet und von der uns die Mächte dieser Welt nicht trennen können.“
Nach der Predigt brachten vier Diakone das Chrisamöl, vier Katechetinnen und Katecheten das Katechumenenöl und vier Mitglieder der Malteser das Öl für die Krankensalbung zum Altar. Dort wurden die einzelnen Öle zum Teil beim Hochgebet, zum Teil am Schluss der Feier geweiht. Grundstoff der drei Heiligen Öle ist Olivenöl, das mit wohlriechenden Duftstoffen versehen wird. Für das Bistum Würzburg werden pro Jahr insgesamt rund 60 Liter benötigt. Die Salbung mit Öl ist ein symbolischer Hinweis auf die Kraft und Gnade, die der Gesalbte empfängt. Im Alten Testament gilt sie als Zeichen der Anerkennung durch Gott und Auszeichnung vor den Menschen. Im Neuen Testament wird die Salbung mit Öl zur Gesundung der Kranken beschrieben.
Die Choralschola unter der Leitung von Johannes Zeuch sang die Choralmesse VIII De Angelis und ein Choralproprium. Nach dem Gottesdienst erhielten Vertreter der neun Dekanate die Öle, die in den folgenden Tagen in die Gemeinden der Diözese gebracht werden.
„Tag der Besinnung“ für Priester und Diakone
Am Montagnachmittag sprach der Pastoralpsychologe Jesuitenpater Hermann Kügler aus München vor den Priestern und Diakonen beim „Tag der Besinnung“ über das Scheitern Jesu als Modell für eigene Ohnmachtserfahrung. Wikipedia definiere Scheitern als ein Schiffsunglück, bei dem das Schiff vom Sturm auf Klippen oder eine felsige Küste geworfen werde und unter den Wellenstößen zerschelle – im Gegensatz zum unversehrten Stranden. „Diese Definition aus der Seefahrt ist ein passendes Bild für das, was Scheitern im menschlichen Leben meint. Etwas Wichtiges und Wertvolles ist unwiderruflich zerstört und lässt sich nicht mehr reparieren. Es ist aus und vorbei“, sagte Kügler. Dabei sei Scheitern kein moralisches oder ethisches Versagen. Es sei auch nicht dasselbe wie eine Krise, in die jemand gerate, dessen bisher gelernte Bewältigungsmöglichkeiten nicht mehr ausreichten, um mit einer neuen schwierigen Situation zurechtzukommen.
Als Bilanz der letzten Lebenstage Jesu bleibe, dass dieser – mit irdischen Augen betrachtet – auf allen Ebenen gescheitert sei: „vor der Öffentlichkeit, vor seinen Jüngern – und man fragt sich, wie dieser Tod vor Gott aussah.“ Während Jesus beim Einzug nach Jerusalem vor wenigen Tagen noch die Massen zugejubelt hätten, verspotteten ihn am Kreuz die Gaffer. Bereits bei seiner Verhaftung im Garten Getsemani habe er erkennen müssen, dass sein Volk in ihm nicht die Erfüllung der Verheißungen Gottes sehe und ihn deswegen den Römern ausliefert. „In der Todesstunde tritt Jesus, wie jeder Mensch, mit seiner ganzen Existenz in ein völliges Dunkel hinein, von dem er nicht weiß, was danach kommt“, sagte Kügler.
Man könne es drehen und wenden: Irdisch betrachte sei Jesus gescheitert. „Das ist klar zu sehen und nicht fromm zu übermalen.“ Zugleich werde daran deutlich: „Mit dem Karfreitag nimmt die Kirche Leiden, Tod und Scheitern wirklich ganz ernst. Und sie erinnert uns daran, dass wir unsere Augen nicht verschließen müssen vor den Abgründen des Lebens. Wir leben aus der Hoffnung, dass wir nicht tiefer fallen können als in die Hände Gottes.“ Ob also das Leben gelingt, hänge nicht mehr vom Erfolg oder Scheitern ab, sondern davon, „dass wir mit Gott verbunden sind und seinen Willen tun“, betonte der Jesuit. Wer am Ende des Lebens – menschlich betrachtet – „nichts“ vorzuweisen habe, sei deswegen nicht Gott ferner als ein anderer, der für das Reich Gottes Bedeutendes und Wichtiges beigetragen habe. „Meine Identität kommt in erster Linie aus der Beziehung, aus der Verbundenheit mit Gott, der in mir und durch mich wirkt. Deswegen werde ich nicht zerstört, wenn ich nach menschlichen Maßstäben scheitere.“