Würzburg (POW) Es braucht Geduld, um das Leben zu suchen, das Gott an Ostern schenkt. „Denn Ostern geschieht nicht einfach. Bis die Zusage des neuen Lebens auch unser Leben verändert, müssen wir einen Prozess durchlaufen“, sagte Bischof Dr. Franz Jung am Ostersonntag, 31. März, im Kiliansdom. Nur wer sich Jesus zuwende, die Blickrichtung wie Maria von Magdala wirklich wechsele, vermeide es, die gleichen Fehler zu wiederholen. „Nur Geduld öffnet neue Sichtweisen“. In der Osternacht am Samstag, 30. März, betonte der Bischof: „Christus, der auf dem Weg zum neuen Leben den Tod durchschritten hat, kennt die Abgründe des Lebens und des menschlichen Herzens. Mit ihm ist es möglich, auch das Schwere und Leidvolle unumwunden anzusprechen und beim Namen zu nennen. Er ist die Wahrheit, die uns freimacht. Er ist die Wahrheit, die standhält auch angesichts von Leid und Tod.“ Beide Gottesdienste wurden live auf TV Mainfranken und im Internet übertragen.
„Wer Ostern verstehen möchte, muss zum Anfang von allem zurückgehen“, betonte Bischof Jung in der Osternacht. Der biblische Schöpfungsbericht verstehe sich aber nicht nur als Erklärung dessen, was im Anfang geschah. „Aus ihm lernen wir auch, worauf es ankommt, wenn Leben möglich sein soll.“ So entstehe die Schöpfung durch Ordnung. „Stück für Stück, Tag für Tag formt Gott aus dem Chaos den Kosmos.“ Was im Anfang geschah, bleibt nach den Worten des Bischofs ein Lebensauftrag für alle Menschen. „Der heilige Ignatius pflegte zu sagen, ein geistliches Leben zu führen, bedeutet, sein Leben zu ordnen.“ Es brauche wie am Anfang der Schöpfung den Heiligen Geist, der den Menschen helfe, die Dinge neu zu ordnen. „Heute Nacht feiern wir, dass in der Auferstehung Christi der gute Geist gesiegt hat über die Geister des Chaos.“
Schöpfung heiße zudem, in Spannungen zu leben. Beispielsweise Licht und Finsternis, Mann und Frau, Arbeit und Ruhe. „Diese Spannungen helfen zu größerer Lebendigkeit. Wo keine Spannung mehr ist, da ist auch kein Leben mehr“, sagte der Bischof. Mit Christus seien die Menschen eingeladen, aus dem Dunkel ins Licht zu gehen, vom Tod zum Leben, vom Hass zur Liebe. „Und in beidem, in der Finsternis wie im Licht, ist Gott zu finden.“ Schöpfung heiße zudem, die Dinge beim rechten Namen zu nennen. „Indem ich die Dinge benenne, beschreibe ich meine Welt, bewerte ich sie und setze mich zu ihr in Beziehung.“ Wie der Bischof weiter ausführte, heiße Schöpfung auch, als Geschöpf auf den Schöpfer ausgerichtet zu sein, um bei ihm zur Ruhe zu kommen. „Der siebte Tag der Schöpfung, der Sabbat, ist der Ruhetag.“ Er gebe der Zeit ihren heiligen Wochen-Rhythmus. „Der Sieg des Lebens über den Tod am Tag nach dem Sabbat macht den Sonntag zum ersten Tag der Woche.“ Der Sonntag stehe somit als Vorzeichen vor allem Tun der Menschen. „Als Neugeschaffene sind wir gefordert, der Neuschöpfung dieser Welt unser Tun sichtbaren Ausdruck zu verleihen und so mitzuhelfen, die Welt zu verändern“, erklärte der Bischof. „Erhalten wir uns die Sehnsucht nach dem neuen Himmel und der neuen Erde.“
Die Feier der Osternacht begann am Feuer im Domkreuzgang. Nach der Segnung des Osterfeuers entzündete Bischof Jung die große Osterkerze an den Flammen mit den Worten: „Christus ist glorreich auferstanden vom Tod. Sein Licht vertreibe das Dunkel der Herzen.“ Danach wurde das Osterlicht in Begleitung von Mitgliedern des Domkapitels in den dunklen Kiliansdom getragen und an die Gläubigen weitergereicht. Während der Lichtfeier sang Diakon Dr. Martin Faatz das österliche Exsultet, den Lobgesang auf die Osterkerze. Lektoren trugen Lesungen aus dem Alten Testament vor. Beim Gloria läuteten die Glocken des Domes nach den stillen Tagen seit Gründonnerstag wieder. Lesung und Evangelium des Neuen Testaments berichteten von der Auferstehung Jesu. Der Lichtfeier schlossen sich die Taufe einer erwachsenen Frau, die allgemeine Tauferneuerung und die Eucharistiefeier an. Den musikalischen Rahmen gestaltete neben Domorganist Professor Stefan Schmidt die Mädchenkantorei am Würzburger Dom unter der Leitung von Domkapellmeister Alexander Rüth und seiner Assistentin Lena Herber mit „Antwortgesängen zur Osternacht“ von Alexander Rüth und Otmar Faulstich, „Surrexit pastor bonus“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, „O filii et filiae“ aus dem Oratorium Christus von Franz Liszt und „Messe pour deux voix égales“ von Cecile Chaminade.
Am Ostersonntag setzte Bischof Jung seinen roten Faden Geduld beim Blick auf Tod und Auferstehung fort. Maria von Magdala durchlaufe nach Jesu Tod einen Trauerprozess, wie er den Menschen nicht unbekannt sei. „Am Anfang steht der Schock über den Tod eines geliebten Menschen.“ Sie laufe zum Grab, um in Jesu Nähe zu sein, und müsse dort feststellen, dass das Grab leer sei. „Der lebende Jesus ist nicht mehr da, der tote auch nicht.“ Ihr Blick gehe zurück. „Man will an dem festhalten, der da einmal war.“ Den Verlust wahrzunehmen sei ein erster wichtiger Schritt, dieser braucht nach den Worten von Bischof Jung wie alle nachfolgenden Schritte im Trauerprozess Zeit und Geduld.
Schließlich wage sie, in die Grabkammer hineinzuschauen. Auf die Nachfrage der Engel, warum sie weine, wiederholt sie ihre Klage, dass Unbekannte ihren Herrn weggenommen hätten. „Das Nachdenken über das Verschwinden des Leichnams ist typisch für den Fortgang des Trauerprozesses. Fragen beginnen zu quälen.“ Beispielsweise danach, was vielleicht verpasst wurde und unter Umständen hätte vermieden werden können. „Es ist wichtig, diese Fragen anzusprechen, auch wenn wir ahnen, dass uns niemand diese Fragen jemals zufriedenstellend wird beantworten können“; sagte der Bischof.
Es sei ein „wunderbarer Moment“, als Jesus Maria von Magdala bei ihrem Namen anspricht. „Nach der Phase der Trauer erwacht sie plötzlich zu sich selbst. Sie spürt sich seit langem wieder.“ Jesus habe Geduld und rufe so lange, bis die Schaffe die Stimme des guten Hirten erkennen und sich ihm anvertrauen. „Wo die Geduld im Trauerprozess fehlt, wird sich die notwendige Änderung der Perspektive auch nicht einstellen.“ Menschen fielen dann nach einem schweren Konflikt wieder in alte Verhaltensmuster zurück, ohne zu analysieren, was vorgefallen ist, und Lehren daraus zu ziehen. Weltpolotisch zeige sich fehlende Geduld auch im Blick auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine: „Nach dem Zusammenbruch eines Großreiches zu meinen, man könne die vermeintlich alte Herrlichkeit wieder zurückbomben und Menschen mit Gewalt unter die eigenen Knute zwingen, wird nicht funktionieren“, betonte Bischof Jung.
Paulus betone im Römerbrief die Hoffnung, dass nichts verloren ist, was aus Liebe geschah. „Die Hoffnung, dass die Liebe des Gottes, der in Jesus für uns durch den Tod zum Leben gegangen ist, auch uns umfängt und uns den Weg zum Leben weist. Die Hoffnung, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt.“ Diese Hoffnung könne aber ebenso wenig festgehalten werden wie es Maria von Magdala gelungen sei, den auferstandenen Herrn festzuhalten. „Sie ermutigt uns, was auch immer kommen mag, zu bezeugen: ‚Wir haben den Herrn gesehen!‘“
Für die musikalische Begleitung des Pontifikalgottesdiensts am Ostersonntag sorgten neben Domorganist Schmidt an der Orgel der Würzburger Domchor und das Orchester Camerata Würzburg unter der Leitung von Domkapellmeister Rüth mit der „Missa in C, KV 258“ von Wolfgang Amadeus Mozart und dem „Hallelujah“ (aus dem Messiah) von Georg Friedrich Händel. Solisten waren Rebecca Suta (Sopran), Kea Niedoba (Alt), Jakob Kleinschrot (Tenor) und Jakob Ewert (Bass).