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Kein Mitleid, sondern Respekt

Caritas-Workshop zum Thema „Obdachlosigkeit in Kommunen“ – Großes Interesse bei Bürgermeistern, Landräten, Verwaltungskräften und weiteren Verantwortlichen

Kitzingen (POW) Ein Dach über dem Kopf zu haben, zählt zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen. Wie der individuelle Rechtsanspruch auf Unterbringung bei Obdachlosigkeit von den Kommunen angemessen umgesetzt werden kann, war Thema des Workshops „Obdachlosigkeit in Kommunen“ am Donnerstag, 14. September, mit Regierungspräsident Dr. Eugen Ehmann, Jurist und Verfasser des Leitfadens „Obdachlosigkeit in Kommunen“. Rund 80 Bürgermeister, Landräte, Verwaltungskräfte und weitere Verantwortliche nahmen an der Veranstaltung des Diözesan-Caritasverbands in der Alten Synagoge in Kitzingen teil. Organisator Bernhard Christof, Fachberater in der Gefährdetenhilfe des Diözesan-Caritasverbands, dankte Ehmann: „Ich hoffe sehr, dass etwas von der konstruktiven und guten Atmosphäre überfließt in die Arbeit unserer Kommunen.“

Nadia Fiedler, Geschäftsführerin der Würzburger Christophorus-Gesellschaft, moderierte die Veranstaltung. „Mit Sorge beobachten wir, dass sich Armut und Obdachlosigkeit seit Jahren verfestigen.“ Krieg, steigende Energiekosten und Inflation hätten eine zunehmende Ausgrenzung zur Folge. „Obdachlosigkeit ist die höchste Form der Ausgrenzung. Wir wollen informieren, aufklären und die Fachleute in den Verwaltungen stärken in einer menschenfreundlichen Grundhaltung.“ Sie verwies auf eine Aussage Ehmanns, wonach Obdachlosen mit Respekt und rechtlich korrekt zu begegnen sei.

„Den Kommunen kommt im Einsatz für Obdachlose elementare Bedeutung zu“, sagte Christof. Er erinnerte an den Aktionstag Wohnungslosigkeit, der jährlich am 11. September begangen werde. Obdachlosigkeit sei durch Ängste und Notlagen gekennzeichnet. „Wir sollten den Betroffenen nicht mitleidig, sondern respektvoll begegnen. Es geht nicht um die Klärung von Schuldfragen, sondern um die Abwendung von Notlagen.“ Kitzingens Oberbürgermeister Stefan Güntner sprach über die wachsenden Herausforderungen und das Engagement der Stadt im Notwohngebiet. „Wir setzen uns für die Menschen in Notlagen ein und sind dankbar für die gute Zusammenarbeit mit Caritas und Diakonie.“ Es brauche mehr als nur die Unterbringung. „Wir setzen weiterhin auf Begleitung und Beratung.“

Staatssekretär Sandro Kirchner erinnerte in seinem Grußwort an das soziale Engagement der verstorbenen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die immer wieder betont habe: „Wir müssen uns in die Menschen hineinversetzen.“ Laut Kirchner brauche es keine Einzelkämpfer, sondern das Zusammenspiel aller Akteure. „Mit dem Aktionsplan und der Stiftung des Freistaates wollen wir helfen, etwas gegen Wohnungslosigkeit zu tun.“ Die Lage sei gegenwärtig schwierig und der soziale Wohnungsbau komme nicht schnell genug voran. „Das ist schlicht und ergreifend extrem teuer geworden.“ Mit einer Förderung von einer Milliarde Euro wolle der Freistaat nun eine gewisse Abhilfe schaffen. „Geben Sie uns Ihre Impulse weiter. Wir wollen noch besser werden in unserem Tun“, sagte Kirchner. Er dankte allen, die sich beruflich und ehrenamtlich für Menschen in Obdach- und Wohnungslosigkeit einsetzen.

Die Arbeitseinheiten mit Regierungspräsident Ehmann nahmen Bezug auf konkrete Fälle. Wer ist zuständig, wenn ein Obdachloser am Rathaus auftaucht? Welchen Anspruch haben Menschen in Obdachlosigkeit und wo liegen die Grenzen? Wie kann und muss verfahren werden bei schwierigen Fällen, wenn Menschen nicht wohnfähig oder gar aggressiv und gefährlich werden? Wer kommt für entstehende Kosten auf? „Wir haben es überall mit Gesetzen und Rechtsnormen zu tun“, sagte der Jurist, aber entscheidend sei immer die Haltung: „Obdachlosen ist mit Respekt zu begegnen und sie sind korrekt zu behandeln.“ Ehmann forderte dazu auf, Probleme nicht zu verschieben, sondern auf Kooperation zu setzen. Das gelte besonders für die Behörden und Institutionen. „Am Ende des Tages sitzen wir alle im selben Boot.“ Kommunen sollten sich miteinander austauschen und vernetzen. „Vieles, was Sie in Ihrer Kommune für exotisch halten, ist ganz normal. Das merken Sie, wenn Sie den Austausch mit anderen suchen.“ Er sparte nicht mit Hinweisen und Tipps wie: „Wenn Sie Gebühren für eine Unterbringung erheben wollen, dann brauchen Sie eine Gebührensatzung. Vielen Kommunen scheint das nach wie vor nicht klar zu sein.“ Dringend empfahl er die Zusammenarbeit mit Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie Wohlfahrtsverbänden. „Dazu sind Kommunen rechtlich nicht verpflichtet, aber es kann sehr hilfreich sein, wenn man Probleme wirklich lösen will.“

Am Nachmittag wurden Modellprojekte aus dem Regierungsbezirk vorgestellt. Mit dem Projekt „Dach überm Kopf“, finanziert durch die Stadt Kitzingen und fachlich verantwortet durch Caritas und Diakonie, wurde eine Sozialberatung im Notwohngebiet etabliert. Sozialpädagogen helfen, Wohnungslosigkeit zu vermeiden, Kontakte zu Ämtern und Behörden herzustellen und bei Bedarf Wohnraum für Menschen in prekären Lebenslagen zu finden. Das Projekt sei ein Beitrag zum sozialen Frieden und wurde aufgrund seines Erfolges um fünf weitere Jahre verlängert, berichteten Tim Pfeuffer und Larissa Fecher.

Das Würzburger Projekt „Oskar“, angeschlossen an die Wärmestube, nimmt insbesondere Menschen in Wohnsitz- und Obdachlosigkeit in den Blick, die unter psychischen Erkrankungen leiden. „Es geht um aufsuchende Hilfe und Vernetzung“, berichtete Sozialpädagogin Steff Behnecke vom Förderverein Wärmestube. Wichtig sei es, auch diesen Menschen Zugänge zum Gesundheitssystem zu öffnen. Wärmestuben-Leiter Moritz Maier gab Einblicke in die Arbeit der Wärmestube.

Einen neuen Ansatz erprobt das EU-geförderte Housing-First-Projekt „NOAH“ unter dem Dach der Würzburger Christophorus-Gesellschaft. Adrian Jimenez und Hanna Friehs stellten das Konzept vor. „Wir wollen Menschen erst einmal zu einer Wohnung verhelfen, um dann die oftmals komplexen Probleme in den Blick zu nehmen.“ Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt stehe das Projekt vor besonderen Herausforderungen und sei überdies nicht für alle Menschen in Obdach- oder Wohnungslosigkeit geeignet. Es gehe um eine Ergänzung zu anderen Ansätzen und Projekten.

Christin Stapel und Gregor Böhm koordinieren, angeschlossen an den Heimathof Simonshof der Caritas, im Landkreis Rhön-Grabfeld das Projekt „Mobile Hilfe“. Die Wege zu den Menschen seien im Flächenlandkreis oftmals lang, stellte Böhm eine der Herausforderungen dar. „Wir wollen durch Gespräche den Verlust der eigenen Wohnung vermeiden helfen“, erläuterte Stapel den präventiven Ansatz. Mit ihrer Expertise stünden sie auch den Kommunen zur Verfügung.