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„Gehen oder bleiben?“

Kolping schaltet demnächst Hotline für Menschen mit Zweifeln an der Institution Kirche frei

Würzburg (POW) Mit einem neuen Projekt, das den Titel „Gehen oder bleiben?“ trägt, will Kolping im Bistum Würzburg mit hin- und hergerissenen Christen ins Gespräch kommen und helfen, Zweifel zu klären. Sie hätten das Zeug, als glaubwürdige und engagierte Christen vor Ort in ihrer Pfarrei das Bild der Kirche positiv zu prägen. Weil sie für das Evangelium brennen. Weil Gott ihnen wichtig ist, heißt es in einer Pressemitteilung von Kolping. „Doch sie hadern mit der Kirche als Institution“, sagt Peter Langer von der Würzburger Kolping-Akademie.

Vieles laufe nicht gut in der Kirche, und es sei nachvollziehbar, dass sich bei Christen immer mehr Zweifel anhäufen. „Doch wir als Kolping wollen nicht tatenlos zusehen, wie die Menschen der Kirche den Rücken kehren“, sagt Diözesanpräses Diakon Jens Johanni. In den vergangenen Monaten habe der katholische Verband darüber nachgedacht, wie man gegensteuern könne. Heraus kam das Projekt „Gehen oder bleiben?“. Dahinter steckt eine Hotline, die in den kommenden Wochen freigeschaltet werden soll. Geschulte Ehrenamtliche bieten zweifelnden Christen an, über Fragen und Nöte zu sprechen.

Johanni ist sehr besorgt wegen des Trends, der Kirche angesichts mancher zweifellos unguter Entwicklungen einfach den Rücken zu kehren. „Wie sähe wohl eine Gesellschaft aus, in der die Kirche keinerlei Rolle mehr spielt?“, fragt er sich. Natürlich gingen auch ihm die Missbrauchsskandale unter die Haut. „Ganz schlimm ist jedoch, dass inzwischen in erschreckender Weise verallgemeinert wird“, konstatiert der Theologe. Davon berichteten auch immer wieder Priester aus der Diözese. So schlimm jeder einzelne Fall von Missbrauch auch sei: Sämtliche Theologen unter Generalverdacht zu stellen, gehe zu weit und verursache neuerlich Leid.

In sich zerrissenen, überzeugten, aber zugleich kritischen Christen komme es in dunklen Stunden mitunter so vor, als würden sie zwischen Pest und Cholera wählen müssen. In diesen Stunden erscheine es ihnen im Grunde unmöglich, noch länger in der Institution Kirche zu bleiben. Aber genauso wenig vorstellbar sei es, den eigenen Glauben fortan jenseits einer festen Gemeinschaft leben zu müssen. „Angesichts dieser Konflikte tun Gesprächsangebote Not“, betont Kolping in der Pressemitteilung.

Früher sei es für die jüngere Generation selbstverständlich gewesen, das in Ehren zu halten, was ihr von der älteren Generation übergeben wurde. Eben weil dieser Mechanismus nicht mehr funktioniere, sei das in der Diözese einmalige Angebot „Gehen oder bleiben?“ so wichtig. „Nicht einmal der Glaube wird innerhalb der Familie mehr weitergegeben“, bestätigt Johanni. In den Schulungen und Veranstaltungen der Kolping-Akademie werde immer wieder spürbar, dass dieser Bruch in der religiösen Tradition zu schmerzhaften Lücken führt. Sinnfragen blieben offen. Ein großer Hunger nach Spiritualität sei spürbar. Auch diese Aspekte spielten in das neue Kolping-Projekt mit hinein.

Wer bei der in Vorbereitung stehenden Hotline anruft, solle keine Angst haben müssen, etwas Unpassendes zu sagen oder gar ins Fettnäpfchen zu treten. „Selbst Menschen, die bei der Kirche arbeiten, haben ja in manchen Momenten den Gedanken, ob sie die Institution verlassen sollten“, erzählt Langer. Das Projekt wolle einen Beitrag dazu leisten, alle Zweifel und Fragen ohne jedes Tabu zu äußern und zu erörtern. Für die Ehrenamtlichen der Hotline werde es eine Aufwandsentschädigung geben. Diese Mittel strecke Kolping-Mainfranken zunächst vor, um das Projekt starten zu können.

Es gehe nicht darum, dass am Ende des Gesprächs eine definitive Entscheidung für oder gegen die Kirche steht. „Sinn und Zweck ist es, eine Austauschplattform zu schaffen“, betont Langer. In der Schulung lernen bisher fünf Ehrenamtliche, Gespräche zu führen. Das sei wichtig, denn Kommunikation sei alles andere als einfach. „Wir geben in unserem Kurs beispielsweise Hilfestellung, wie man am Telefon auf Emotionen reagieren kann. Wichtig ist aber auch, einen offenen Umgang mit den Anrufenden zu pflegen, ohne jemanden zu beurteilen“, erläutert der Leiter des Bereichs „Persönliche Bildung“. Als Kursleiterin gewann die Kolping-Akademie Irene Schneider, Theologin mit langjähriger Erfahrung in Persönlichkeitsentwicklung und spiritueller Begleitung.

Kürzlich startete im Kolping-Center eine erste ganztägige Schulung für Ehrenamtliche, die sich für die Hotline „Gehen oder bleiben?“ engagieren und offene Gespräche anbieten wollen. Weitere Schulungen können folgen, wenn sich weitere Interessenten für ein Engagement melden. Diese können sich bei Bildungsreferent Peter Langer unter E-Mail peter.langer@kolping-mainfranken.de melden.